Die sieben Churfirsten an einem Tag zu besteigen gilt in Bergläufer- und Speed-Hiking-Kreisen als ultimative Prüfung (zumindest wenn man sich an den zahlreichen Einträgen auf hikr.org und andern Bergportalen orientiert). Wieso es also nicht selber einmal versuchen? Aber wenn schon, dann gleich richtig; d.h. ohne “künstliche” Aufstiegshilfen wie Seilbahnen und dergleichen.
Grundsätzlich lassen sich die sieben Gipfel von West nach Ost, oder von Ost nach West besteigen. Die Ansichten, welche Taktik die erfolgsversprechendere ist, gehen erwartungsgemäss auseinander; jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile. Alle dokumentierten erfolgreichen Churfirsten-Traversen beginnen entweder auf dem Chäserrugg (also “Aufstieg” mit der Gondelbahn), oder auf der Alp Vorder Selun oberhalb Starkenbach (erreichbar mit einer kleinen Seilbahn). In jedem Fall erspart man sich damit einige hundert Höhenmeter Aufstieg. Aber wie gesagt: ich wollte die Herausforderung “by fair means”, also ausschliesslich aus eigener Kraft bewältigen. Weil ich im April dieses Jahres bereits den Selun bestiegen habe, entschied ich mich für die Ost-West-Variante mit dem Start in Walenstadt. Nun gut – wie sich im Verlauf der Tour herausstellte, war das vielleicht doch etwas zu ambitioniert …
Der Aufstieg durch die “Südwand” des Chäserruggs auf dem sog. Schnüerliweg, wollte ich schon lange einmal machen. 1’800 Höhenmeter liegen zwischen Walenstadt und dem Chäserrugg – dem ersten von sieben Gipfelzielen an diesem Tag. Die Route ist extrem schön, extrem steil, teilweise ziemlich ausgesetzt und an einem Hitzetag wie dem 29. August 2015, trotz der morgendlichen Schattenlage, extrem schweisstreibend. Nach gut 2h war das erste “piece de resistance” und damit der erste Gipfel, der Chäserrugg (2’262 m.ü.M.), gemeistert. Den Hinterrugg, der mit 2’306 m.ü.M. nur unwesentlich höher ist, gibt es im Vorbeigehen gleich umsonst mit dazu: Gipfel #2 “accomplished”.
Der Abstieg ins Gluristal war dank dem guten Bergpfad und den trockenen Verhältnissen recht einfach. Die weglose Querung durch das zerrissene Karstgelände zum Fuss des Schibenstolls, war hingegen sehr anspruchsvoll; insbesondere weil ich nur leichte Laufschuhe getragen hatte, die keinen Fehltritt verzeihen. Der Aufstieg zum Schibenstoll (2’236 m.ü.M.) war recht steil und ich war sehr froh, dass ich im Abstieg dank den leichten Teleskopstöcke etwas Kraft für die noch folgenden Anstiege einsparen konnte.
Die zweite Querung zum Fuss des Zuestolls (2’235 m.ü.M.) war ähnlich anspruchsvoll wie die Querung durch das Gluristal. Der Zuestoll (2’235 m.ü.M.) ist aus meiner Sicht der anspruchsvollste Gipfel der sieben Churfirsten. Der Aufstieg ist durchgängig sehr steil, mit leichten Kletterstellen und teilweise sehr ausgesetzt. Die Hitze drückte selbst auf über 2000 Metern gnadenlos und mein Wasservorrat wurde aufgrund des hohen Flüssigkeitsbedarfs kleiner und kleiner – kein gutes Zeichen in Anbetracht der noch vor mir liegenden Gipfel. Auf dem Zuestoll machte ich die erste richtige Rast. Ich musste feststellen, dass die rund 2’800 Meter Aufstieg und die Hitze nicht spurlos an mir vorbeigegangen sind.
Mit voller Konzentration brachte ich den steilen Abstieg ohne Ausrutscher hinter mich. Die Querung Nummer 3 durch das Brisital in der sengenden Mittagshitze über heikle Karstfelsen forderte nochmals alle Kräfte. Nach vier von sieben Gipfeln war es Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Auf der einen Seite die Hitze, noch drei saftige Anstiege, drei anspruchsvolle Abstiege und zwei Querungen durch die weglose Karstlandschaft – auf der anderen Seite die langsam zur Neige gehenden Wasservorräte, keine Nachfüllmöglichkeit und die schwindende Kraft … nüchtern betrachtet war die Bilanz also ziemlich unausgeglichen und so entschied ich mich, den Versuch alle Churfirsten an einem Tag zu besteigen, abzubrechen. Immerhin konnte ich vier zusätzliche Gipfel für mein Projekt besteigen, was ja an sich schon eine ansprechende Tagesleistung ist. Ich war froh, dass ich mich so entschieden hatte, denn die rund 600 Meter Abstieg via Loch nach Alt St. Johann gingen nochmals ziemlich in die Knochen. Nach diesem Hitzetag hatte ich mich wie noch selten auf den Dorfbrunnen gefreut …














Facts:
- Datum: 29.8.2015
- Gipfel: Chäserrugg, Hinterrugg, Schibenstoll und Zuestoll
- Start in Walenstadt, Ziel in Alt St. Johann
- Aufstieg / Abstieg: 2’800 / 2’400 Höhenmeter
- Bedingungen: hochsommerlicher Hitzetag
- Ausrüstung: Laufschuh Saucony Peregrine 3, Leki Micro Vario Carbon Stöcke, kl. Daypack, Verpflegung und 2.2 l Wasser
- Begleitung: solo